Büro von Harald Sievers

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Aktuelle Steuernews

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Umsatzsteuer - Juli 2017

  • § 12 UStG - Keine Ermäßigung für „Brezenläufer“ auf dem Oktoberfest

    Der Verkauf von Backwaren in Festzelten durch sog. Brezen-läufer unterliegt als sonstige Leistung dem Regelsteuersatz, wenn sich der Verkäufer die Nutzungsmöglichkeit der Festzelte gegen Entgelt einräumen lassen hat und ihm die Verzehr-vorrichtungen der Bierzeltbetreiber (Biertische und Bierbänke) zuzurechnen sind.

    Auch wenn die Verzehreinrichtungen nicht im Eigentum des Backwarenverkäufers stehen, ihm die Mitnutzung aber vertrag-lich zugesichert ist, ist ihm die Zurverfügungstellung der Biertische und Bierbänke gegenüber den Brezenkäufern als eigene Dienstleistung zuzurechnen.

    Dadurch stehen die Dienstleistungselemente (Transport der Brezen an die Verzehreinrichtungen, Zurverfügungstellung der Verzehreinrichtungen) im Verhältnis zu Elementen einer Lieferung von Speisen im Vordergrund.

    Sachverhalt
    Die Steuerpflichtige pachtete auf dem Münchener Oktoberfest von Betreibern der Festzelte Verkaufsstände zum Verkauf von Brezen und anderen (Salz)Gebäcken. Außerhalb der Stände durfte die Steuerpflichtige in den Zelten bis zu zwölf Personen als Verkäufer (sog. Brezenläufer) einsetzen.

    In ihrer Umsatzsteuererklärung unterwarf die Steuerpflichtige die Umsätze der Brezenläufer dem ermäßigten Steuersatz.

    Das FA wandte dagegen nach einer Umsatzsteuer-Sonder-prüfung den Regelsteuersatz an, da der Steuerpflichtigen eine die Bewirtung fördernde, von den Festzeltbetreibern bereit-gestellte Infrastruktur (Zelt mit Biertischgarnituren, Musik) zu-zurechnen sei.

    Hiergegen wendet sich die Steuerpflichtige.

    Es läge keine einheitliche, von ihr und den Festwirten erbrachte Leistung vor, da sie hinsichtlich des Backwarenverkaufs in Konkurrenz zu den Festwirten stehe und auch die Brezenläufer aufgrund ihrer einheitlichen Kleidung als ihre Angestellten erkennbar seien.
    Die von den Festwirten bereitgestellten Verzehrvorrichtungen seien für die von ihr erbrachte Leistung unbeachtlich, da sie unmittelbar und ausschließlich für deren eigene Kunden ohne Rücksicht auf die Belange der Steuerpflichtigen zur Verfügung gestellt würden.

    Entscheidung
    Die Klage ist unbegründet.
    Die Steuerpflichtige hat gegenüber ihren Kunden eine dem Regelsteuersatz unterliegende sonstige Leistung erbracht.

    Bei einer Gesamtbetrachtung stehen die Dienstleistungs-elemente im Vergleich zu den Elementen einer Lieferung von Speisen im Vordergrund.
    Die Steuerpflichtige hat den Kunden nicht nur Backwaren (Brezen) verkauft, sondern diesen gegenüber auch zusätzliche Dienstleistungen erbracht, indem sie die Backwaren durch ihre sog. Brezenläufer den Kunden an den Tisch gebracht sowie Tische und Sitzmöglichkeiten zur Verfügung gestellt hat, wo die Brezen verzehrt werden konnten.

    Die in den Festzelten von den Festzeltbetreibern bereitge-stellten Verzehrvorrichtungen (Biertische und Bierbänke) sind der Steuerpflichtigen zuzurechnen, auch wenn sich diese nicht in ihrem Eigentum befanden.

    Die Nutzungsmöglichkeit der Biertische und Bierbänke ist keine unbeachtliche Leistung eines Dritten, denn die Steuerpflichtige hat sich in den jeweiligen Verträgen mit den Festzeltbetreibern das Recht zum Verkauf in diesen Festzelten und damit die Nutzungsmöglichkeit der dort von den Festwirten bereitge-haltenen Verzehrmöglichkeiten gegen Entgelt einräumen lassen.

    Die Steuerpflichtige hat damit auch das Recht erworben, die in den jeweiligen Festzelten aufgestellten Bierbänke und -tische insgesamt durch ihre Kunden nutzen zu lassen.

    Die Zurverfügungstellung dieser Verzehrvorrichtungen ist Steuerpflichtigen als eigene Dienstleistung zuzurechnen.

    Sie werden - anders als etwa das Mobiliar in Kinos - mit der Bestimmung zur Verfügung gestellt, um den Kunden den Verzehr der erworbenen Backwaren möglicherweise zu er-leichtern.

    Des Weiteren sind unter den genannten Umständen der Steuer-pflichtigen auch das Musikangebot in den Festzelten sowie der eventähnliche Charakter als zusätzliche Dienstleistungen zuzu-rechnen.

    Schließlich stellt sich der Brezenverkauf aus Sicht der Ver-braucher auch als eine Ergänzung des Getränke- und Speise-angebots der Festzeltbetreiber dar.

    Aufgrund dieser Dienstleistungen (Verzehrvorrichtungen, Ser-viceleistung, Musikangebot) tritt der Dienstleistungscharakter aus Sicht des Verbrauchers in den Vordergrund.

    Davon abgesehen sind Bestimmungen, die Ausnahmen von einem allgemeinen Grundsatz darstellen, nach ständiger Rechtsprechung des EuGH und des BFH durchweg eng aus-zulegen. Dies gilt insbesondere bei Anwendung des ermäßigten Steuersatzes.

    PRAXISHINWEIS
    Wegen grundsätzlicher Bedeutung hat das Finanzgericht die Revision zugelassen. Ein Revisionsaktenzeichen ist noch nicht bekannt.

    Anmerkung
    Ein bayrisches Finanzgericht entscheidet zu Vorgängen auf dem Oktoberfest:
    Bei oberflächlicher Betrachtung erscheint das Urteil sehr auf den Einzelfall bezogen.

    Bei genauerer Betrachtung wird jedoch deutlich, dass es um eine recht häufige Sachverhaltsgestaltung geht.

    Immer wieder kommt es - z. B. bei Opern- und Theaterhäusern - vor, dass die Betreiber den Verkauf von Snacks und der-gleichen Dritten überlassen und die dafür notwendige Infrastruktur tatsächlich zur Verfügung stellen.

    Auf die Entscheidung des BFH im Revisionsverfahren darf man daher gespannt sein!

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